Wie erkenne ich eine Depression und wie ist damit umzugehen?

Inhaltliche Kriterien:

  • Gefühle der Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit
  • Andauern von Interessen- und Freudlosigkeit oder das Gefühl innerer Leere, selbst wenn schöne Ereignisse eintreten
  • Körperliche Beschwerden wie körperliche Erschöpfbarkeit oder unerklärliche Müdigkeit
  • Appetit- und Gewichtsverlust (seltener auch Gewichtszunahme)
  • Einschlaf-, Durchschlafstörungen und frühmorgendliches Erwachen
  • Verlangsamung, lähmende Hemmung, Antriebslosigkeit oder seltener quälende Unruhe, Angst und ErregungMangel oder Verlust von sexuellem Interesse
  • Merk- oder Konzentrationsstörungen oder Schwierigkeiten, selbst alltägliche kleine Entscheidungen zu treffen
  • schlechtes Selbstwertgefühl, kein Selbstvertrauen, Selbstvorwürfe und Selbstanklagen, Schuldgefühle
  • Gedanken an den Tod bis hin zur Lebensmüdigkeit und konkreten Suizidplänen

Zeitliches Kriterium:

Diese Beschwerden müssen über mehr als zwei Wochen fast ständig vorliegen.

Fragen, die eine Depression erkennen helfen:

  • Können Sie sich noch freuen?
  • Fühlen Sie sich seelisch und körperlich elend, insbesondere auch ohne ausreichenden Grund?
  • Fällt es Ihnen schwer Entscheidungen zu treffen?
  • Haben Sie das Interesse an Dingen verloren, die Ihnen zuvor viel bedeuteten?
  • Neigen Sie vermehrt zum Grübeln?
  • Quält Sie das Gefühl, Ihr Leben sei sinnlos geworden?
  • Fühlen Sie sich müde, schwunglos, abgeschlagen – insbesondere auch ohne entsprechende Belastung?
  • Sind Sie plötzlich verunsichert, ratlos, ängstlich, obwohl dies nicht Ihrer Art entspricht?
  • Können Sie nicht mehr schlafen?
  • Spüren Sie plötzlich Druckgefühle, Missempfindungen, Schmerzen, besonders im Bereich von Kopf, Brust, Bauch oder Rücken?
  • Haben Sie keinen Appetit mehr und / oder an Gewicht verloren?
  • Hat Sich Ihre sexuelle Aktivität vermindert?

Wollen Sie weitere Klarheit über Ihren Zustand haben, machen Sie sich ein Bild mit dem Depressionsfragebogen.

Stellen Sie bei sich Symptome einer Depression fest, ist wichtig:

Keine persönlichen oder beruflichen Entscheidungen in der Depression treffen

In der Depression ist krankheitsbedingt die Fähigkeit, Lebensbedingungen oder Belastungen klar und realistisch wahrzunehmen und einzuschätzen eingeschränkt. Insofern beruhen die Konsequenzen und Entscheidungen, die man ziehen will, auf ungenauen Grundlagen. Es empfiehlt sich daher sehr, mit grundlegenden Entscheidungen – wie z.B. Kündigung des Jobs, weil man sich nicht mehr für fähig hält oder Trennung vom Partner, weil man keine Liebe und Lust mehr spürt und dem Gegenüber nicht mehr zur Last fallen will oder Verkauf von Eigentum, weil man es sowieso nicht mehr braucht und es nur belastet – zu warten, bis die Depression abgeklungen ist.

Körperliche Ursachen depressiver Beschwerden abklären

Machen Sie unbedingt einen Besuch beim Facharzt zum Ausschluss ernsthafter Erkrankungen. Mögliche Ursachen sind z.B.:

  • Erkrankungen des Nervensystems und Gehirns: Demenz, Epilepsie, Multiple Sklerose, AIDS, Hirntumore, Morbus Parkinson, zerebrale Durchblutungsstörungen, Hirnhautentzündungen
  • Erkrankungen des hormonellen Systems: Schilddrüsenfunktionsstörungen, Morbus Cushing, Morbus Addison
  • Infektionskrankheiten: Tuberkulose, AIDS, Lungenentzündung
  • Erkrankungen der inneren Organe: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen, Mangelerkrankungen (Vitamin- und Mineralstoffmangel)

Wie gehe ich mit Angehörigen um, die an einer Depression leiden?

Grundregeln des Umgangs mit depressiv Erkrankten

Geben Sie Ihrem Gegenüber das Gefühl über seine Gedanken sprechen zu dürfen, auch wenn sich die Gedanken immer wieder wiederholen. Das hilft vorzubeugen, dass sich Ihr Gegenüber nicht in sich zurückzieht und so nicht mehr den Mut findet, auch über Selbstmordgedanken zu sprechen.
In der Depression sind dem Erkrankten meist selbst die schwarzen Gedanken unerklärlich und können auch durch logische Gegenargumente nicht entkräftet werden.
Der Erkrankte quält sich meist selbst schon mit großen Selbstvorwürfen, dass er oder sie nicht mehr funktioniert. Verständnis und Akzeptanz kann dann etwas entlasten.
Fördern Sie freundlich zugewandt alle verbliebenen oder wiederauftauchenden ’normalen‘ nicht-depressiven Aktivitäten und Gesprächsinhalte, seien sie noch so klein und unscheinbar im Vergleich zu den depressiven Inhalten. So kann ganz langsam der Blick wieder auf die gesunden Anteile gelenkt werden.
Solche Versprechungen werden schnell durchschaut und führen oft zu einer Vergrößerung der Verzweiflung, geradezu zu einer Bestätigung, dass alles keinen Zweck mehr habe.
Bedenken Sie immer, dass ein Depressiver wirklich krank ist, durchaus vergleichbar mit einem Menschen mit einem schweren und komplizierten Beinbruch. Bei dem sieht man den Gips und würde auch nur zu kleinen Schritten anleiten, damit auftauchende Schmerzen und das Erleben der begrenzten Möglichkeiten nicht jede Hoffnung und Motivation begräbt. Das gilt insbesondere für depressive Menschen.
Wichtig ist das Erleben von kleinen Erfolgen, die wie eine Leiter mit vielen Stufen wieder aus dem tiefen Loch herausführen. Oft sind die Ansprüche wieder sofort funktionieren zu müssen, insbesondere bei den Erkrankten selbst, so groß, dass kleine Schritte und kleine Erfolge gar nicht geschätzt werden. Hier können Sie ein Gegengewicht darstellen und kleine Schritte zugewandt mit positiver Rückmeldung begleiten.
Mit mangelnder Moral, fehlender Motivation und zu großer Faulheit hat die depressive Erkrankung nichts zu tun. Es ist wirklich vergleichbar mit einem schweren Bruch. Einem Patienten mit einem Gips am Bein würde man auch nicht sagen: ‚Spring doch über den Graben. Du musst nur wollen!‘
Ein depressiv Erkrankter hat nicht mehr die Kraft aus sich heraus, sich abzulenken. Hier hilft eine freundliche gelassene Unterstützung in einer Beschäftigung.
Überreden hilft nicht, sondern nur das Erkennen, dass einige der kleinen Schritte erfolgreich war. Hilfreich ist dabei das Führen eines Tages- und Wochenplanes, auf dem diese Aktivitäten eingetragen werden, und die langsame Zunahme dort über die Zeit deutlich wird.
Die üblicherweise förderliche Abwechslung während eines Urlaubs oder einer Kur kann den depressiv Erkrankten massiv überfordern. Insbesondere wenn er oder sie bemerkt, wie andere sich entspannen können und man selbst noch völlig verschlossen ist und nichts fühlen kann. Dies führt dann eher zu einer erhöhten Hoffnungslosigkeit.
Intellektuelle Argumentation hilft bei festgefahrenen depressiven Überzeugungen wie z.B. „Ich bin total verarmt“, „Ich werde nie wieder gesund“, „Ich bin unheilbar krank“, „Ich stürze alle in meiner Umgebung ins Unglück“ nicht. Dies führt eher dazu, dass sich die Betroffenen verschließen. Man kann seine eigene Überzeugung dagegen setzen ohne dem Erkrankten seine Wahrnehmung und Angst abzusprechen. Tröstlich kann manchmal sein, deutlich zu machen, dass diese Gedanken leider typischerweise zu einer Depression gehören wie die Schmerzen zu einem Beinbruch, aber genau wie die Schmerzen beim Beinbruch auch beim Ausheilen der Depression wieder abklingen.

Zahlen zur Depression

Es sind keine exakten Zahlen verfügbar – bisher sind nur Schätzungen möglich.

  • 10 – 33% der Bevölkerung erleben im Laufe ihres Lebens eine Depression (einschließlich auch leichterer Verstimmungszustände)
  • an einer manisch-depressiven Erkrankung erkranken im Laufe ihres Lebens 1,2 bis 2,2% aller Männer und 3,0 bis 4,6% aller Frauen
  • 25 bis 33% der Patienten von Allgemeinärzten haben seelische Probleme
  • 5 bis 25% der Patienten von Allgemeinärzten haben eine depressive Störung
  • 10 bis 50% der Patienten einer Nervenarztpraxis haben eine depressive Erkrankung
  • 12,5% der Patienten einer psychiatrischen Klinik sind als depressiv erkrankt einzustufen.

Die schwere Depression ist weltweit die führende Ursache von Behinderungen und verursacht die zweithöchsten Kosten aller Erkrankungen nach WHO Schätzungen.